In der westlichen Physiologie sehen wir die Milz als ein grosses lymphatisch-vaskuläres Organ. Es fungiert als Reservoir und filtert das Blut u.a. nach überalterten roten Blutkörperchen. Im frühen Lebensstadium spielt sie eine Rolle bei der Produktion roter und weisser Blutzellen. In der TCM werden diese Funktionen nicht ausgeübt. Sie hilft bei der Verdauung, Blutgerinnung und Flüssigkeits-Metabolismus im Körper. Bei der Betrachtung der Milz ist zu beachten, dass die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) anatomisch mit der Milz eine Einheit bildet. So löst sich der Konflikt zwischen der westlichen und der östlichen Sichtweise dieser Organfunktionen auf.
"Die Milz regiert Umwandlung und Weiterleitung"
Da die Milz das primäre Organ für die Steuerung der Verdauung ist, hat sie ihre Hauptaufgabe in der Umwandlung von Nahrung (Essen und Trinken) in die Essenz, die für die Herstellung von Qi und Blut gebraucht wird. Nachdem die Nahrung in den Körper aufgenommen wurde, extrahiert die Milz eine reine Nahrungs-Essenz aus ihr. Diese reine Essenz aus der Nahrung wird zur Produktion von Qi, Blut und den Körperflüssigkeiten gebraucht, welche von der Milz dann durch den gesamten Körper transportiert werden. Flüssigkeiten, die als reine Essenz extrahiert werden, schickt die Milz aufwärts zur Lunge zur Weiterverteilung und Wiederaufnahme. Einige sinken jedoch ab zur Niere und weiter zur Blase um als Urin ausgeschieden zu werden.
Sind die Umwandlungs- und Weiterleitungsfunktionen der Milz harmonisch, hat man Nahrungsessenz für Qi und Blut im Überfluss. Sind sie jedoch in Disharmonie so sind die verdauenden Kräfte der Milz beeinträchtigt. Als Ergebnis sieht man Verdauungs- beschwerden, Schmerzen, Durchfall oder Übelkeit mit Erbrechen.
"Die Milz regiert das Aufsteigen der reinen Esssenz"
Nachdem sie Nahrung in reine Nahrungs-Essenz umgewandelt hat, schickt sie die Milz nach oben zu Herz und Lungen wo sie in Qi und Blut für die Ernährung des gesamten Körpers umgewandelt wird. Aus Nahrung, die nicht in reine Essenz umgewandelt wird, entsteht unreine Substanz. Während die Milz reine Essenz nach oben bringt, lässt der Magen (das äussere Korrelat zur Milz) die unreinen Substanzen in den weiteren Verdauungstrakt absteigen. durch das Aufwärtsbringen der reinen Nahrungs-Essenz und das Abwärtsbringen der unreinen Substanzen wird im Verdauungstrakt ein Gleichgewicht geschaffen.
"Die Milz regiert das Blut."
Nicht nur, dass die Milz Nahrung zu reiner Essenz umwandelt, sie lenkt auch die Bewegung des Blutes indem sie es in seinen vorgesehenen Bahnen, den Blutgefässen fliessen lässt. Wenn das Milz-Qi ausreichend ist, gibt es eine adäquate Produktion von Qi und Blut und das Blut wird auch so in seinen Gefässen gehalten. Wenn die Milzfunktion jedoch disharmonisch ist, weicht das Blut aus seinen Bahnen was zu Symptomen wie Bluterbrechen, Blut im Stuhl, Blut unter der Haut (Purpura, Petechien), Blut im Urin, Nasenbluten und Menorrhagie (exzessive Monatsblutung) führt.
"Die Milz regiert die Muskeln. Sie öffnet sich im Mund und ihr Strahlen (Glanz) manifestiert sich in den Lippen"
In der TCM werden die Bewegungen der Muskeln und der vier Gliedmasse mit der Milz-Stärke in Zusammenhang gebracht. Wenn das Milz-Qi ausreichend vorhanden ist, sind die Glieder und Muskeln kräftig und gesund weil sie durch das Blut und das Qi genährt werden. Wenn aus welchem Grund auch immer ein Defizit an Milz-Qi vorliegt, werden die Muskeln schwach und der Betreffende wird sich müde und insgesamt krank fühlen.
Die Gesundheit der Milz wirkt sich auch auf Lippen und der Mund aus. Wenn die Milz-Funktion harmonisch ist, kann der Mund die fünf Geschmäcker unterscheiden und die Lippen erscheinen rot und feucht. Ist die Milz schwach, kann der Mund die fünf Geschmäcker nicht unterscheiden und dei Lippen wirken eher trocken und blass. (Die fünf Geschmäcker sind: süss, salzig, sauer, bitter und umami. Das Letztere ist ein Wort aus dem Japanischen und bedeutet "wohlschmeckend". Andere Quellen wählen den Begriff "pikant", doch pikant impliziert auch scharf und das geht nicht über Geschmacksrezeptoren, sondern über die Schmerzbahn. Umami ist in der Geschmackslehre der westlichen Oekotrophologie ein feststehender Begriff, der nicht übersetzt wird.).