In der westlichen Physiologie haben die Lungen die Aufgabe des Gas-Austausches (O 2 CO 2 ). Die chinesische Medizin sieht zusätzlich zur Ausübung der Atemfunktion die Regulation des Flüssigkeits-Metabolismus (reine / unreine Essenz), Blut-Kreislaufes, des autonomen Nervensystems (Sympathikus / Parasympathikus) und des Immunsystems (Wei-Qi = Verteidigungs-Qi). Die Lungen nennt die TCM auch das "zarte Organ", hier ist die Anfälligkeit bösartiger äusserer Einflusse am grössten.
"Die Lungen regieren das Qi und verwalten die Atmung"
Die Lungen sind der Ort, wo der Austausch und die Regulation des Qi stattfindet. Durch die Einatmung nehmen sie natürliches Luft-Qi (äusseres Qi) auf und bewegen es abwärts, wo es auf andere Arten (inneren) Qi trifft, sich damit verbindet und so deren Kraft und Wirksamkeit aufrechterhält. Durch die Ausatmung wird "unreine" Luft, die dem Körper nicht nützlich ist, ausgestossen. Sind die Lungen gesund, tritt das Qi sachte in den Körper und die Atmung ist ruhig und regelmässig. Bei Lungen Disharmonie ist die Atemfunktion geschwächt und die normale Qi Produktion ist beeinträchtigt, was logischerweise zu einem Qi Defizit führt.
"Die Lungen dirigieren Bewegung in verteilender, absteigender und verflüssigender Art und Weise."
Die Lungen verteilen Substanzen in aufsteigender und auswärtiger Richtung. So wird z.B. unreine Luft auf diesem Wege ausgestossen und Körperflüssigkeiten und nährende Essenz zu Haut und Haaren dirigiert. Durch die Regulation der Schweiss-Sekretion verteilen die Lungen das Wei-Qi (dasjenige Qi, welches für die Abwehr verantwortlich zeichnet) zu den Poren der Haut.
Die Lungen zeigen auch absteigende und verflüssigende Eigenschaften. In der Inspiration wird natürliches reines Qi aufgenommen und verflüssigt die Liquores (Schleim) in den Atemwegen. Diese werden sodann durch die Lungen gemeinsam mit der Nahrungs-Essenz, die in der Milz transformiert wurde, nach unten geführt. Die absteigende Funktion ist notwendig um die Gesundheit der Atemwege aufrecht zu erhalten.
Die verteilenden, absteigenden und verflüssigenden Eigenschaften der Lunge sind die Grundbedingung für eine gute Gesundheit. Bei Auftreten von Disharmonie wird der/die Betreffende an Husten, pfeifender Atmung (z.B.inspiratorischer Stridor bei Asthma), Schwellung des Brustkorbs (Fassthorax bei Emphysem) oder sonstige Atembeschwerden zeigen.
"Die Lungen bewegen und regeln die Wasserkanäle"
Die Lungen sind fur die Umwandlung und Bewegung des Wassers im Körper verantwortlich. Sie bewegen Wasser in die gleichen Richtungen wie Qi. Die verteilenden oder ausstreuenden Eigenschaften der Lungen ermöglichen es dem Wasserdampf aufzusteigen und sich über die Poren nach aussen zu ergiessen. Das ist der normale Transpirationsprozess (westlich: Perspiratio insensibilis). Als eine der Eigenschaften der Lungen zu verflüssigen leiten sie auch Wasserdampf weiter nach unten zu den Nieren, wo der verflüssigte Abfall in Form von Urin ausgeschieden wird.
"Die Lungen vereinigen die Blutgefässe in sich und regieren deren Regulation."
Wie bereits gesagt, regulieren die Lungen das Qi. Durch diese Aussteuerung, welche überhaupt erst den Blutkreislauf ermöglicht beeinflussen sie das gesamte Blut (Xue) und dessen Gefässe. Nachdem durch die Atmung ein Austausch von Qi gegeben ist, bewegt das Qi das Xue durch den ganzen Körper. Qi-Bewegung regelt auch die Verteilung der Körperflüssigkeiten. Da Qi für alle physiologischen Funktionen im Körper notwendig ist, stellt die Fähigkeit der Lunge Qi zu beherrschen und zu regeln eine immens wichtige Funktion dar.
"Die Lungen öffnen sich in der Nase und ihr Glanz manifestiert sich in der Körperbehaarung. Die Lungs stehen gleichfalls mit dem Kehlkopf und dem Rachen in Verbindung. Die Lunge regiert das Äussere des Körpers."
Die Haut und die Haare stehen in enger Beziehung zu den Lungen. Zusammen mit den Schweissdrüsen bezieht sich die TCM auf sie als das "Äussere" des Körpers. Die Lungen sind eben das innere Organ, das dieses Äussere beherrscht. Durch diese Kontrolle der Haut, Schweissdrüsen und Körperhaare reguliert die Lunge die Perspiration, das Ausschwitzen von Wasserdampf.Zusätzlich erhalten sie die gesunde Bewegung und Verteilung von Wei-Qi (schützendes oder Verteidigungs Qi) über die Haut aufrecht. Wei-Qi ist bedeutend für den Schutz gegen bösartige Einflüsse von aussen (Krankheits auslösende Faktoren wie Wind, Hitze, Schwüle, Trockenheit, Kälte und Sommerhitze). Wenn eben diese Lungenfunktionen geschwächt sind, tritt übermässiges spontanes Schwitzen auf (Tagschweiss oder Nachtschweiss deuten auf jeweilige Yang oder Yin Betonung der Disharmonie hin). Auch wird das Wei-Qi geschwächt werden. Als Resultat bekommen wir eine niedriegere Widerstandskraft gegen Krankheit und man wird anfälliger für Erkältungen, Influenza (Grippe) und verschiedene andere Atemwegsprobleme.
Die Nase wird als die Öffnung der Lungen angesehen und ist der Austritt des Qi aus dem Körper heraus. Bei einer Dysfunktion der Lungen ist die Nase beteiligt. So äussert sich ein gestörter Qi-Fluss in den Lungen zu Symptomen wie wässriger Nasenausfluss, verstopfte Nase, Verlust des Geruchsvermögens und Niesen. Der Rachen und die Stimmbänder sind ebenso mit den Lungen verbunden. So wird durch eine Lungenschwäche manchmal eine tiefe oder/und rauhe Stimme.